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Immer der Nase nach: Wie Gerüche unsere Emotionen steuern

Düfte können uns in längst vergangene Zeiten zurückversetzen, Hoffnungen wecken, Angst auslösen oder Ekel hervorrufen. Keine andere Sinneswahrnehmung beeinflusst unsere Gefühlswelt so direkt wie das Riechen.
Unser Gehirn ist in der Lage, olfaktorische Sinneseindrücke zu speichern. Selbst viele Jahre später kann es daher noch starke Emotionen in uns auslösen, wenn uns ein bestimmter Duft in die Nase steigt.

„Jeder Mensch hat eigene Duftvorlieben, die meisten sind durch eigene Erfahrungen geprägt oder anerzogen, etwa durch die Eltern", erklärt Hanns Hatt, Professor für Zellphysiologie und Duftforscher an der Ruhr-Universität Bochum. Ob wir einen Duft mögen oder nicht, hängt oft nicht mit der Qualität des Duftes an sich zusammen, sondern mit der Situation, in der wir ihn wahrnehmen. Erleben wir einen Geruch in einer angenehmen Situation, speichern wir in schneller als guten Duft ab als einen, den wir während eines unerfreulichen Ereignisses aufnehmen. Schon Babys können im Mutterleib riechen und die von der Mutter bevorzugten Düfte als positiv abspeichern. Unser Geruchssinn arbeitet zudem viel feiner als lange vermutet. Und das, obwohl der Mensch "nur" etwa 30 Millionen Riechzellen besitzt – Hunde zum Beispiel haben dagegen 300 Millionen.
Auch in Sachen Geschmack geht ohne Geruchssinn nicht viel, denn die Feinheiten einer Mahlzeit oder eines Getränks nehmen wir fast ausschließlich über die Nase wahr.
Mit der Zunge können wir lediglich die fünf Grundgeschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami schmecken, mehr aber auch nicht. Den Rest erledigen flüchtige Moleküle, die über die Nasenlöcher sowie durch den Rachen zu unseren Riechzellen gelangen. Nach einem leckeren Essen müsste es also richtigerweise heißen: "Das hat gut gerochen".
Die Riechzellen sind in 350 verschiedene Typen unterteilt, die für bestimmte Duftstoffe zuständig sind. Beim Einatmen gelangen die Duftmoleküle über die Nasenschleimhaut zu den Riechzellen. Dort dockt der Duft am genau passenden Rezeptor der entsprechenden Riechzelle an. Der Duftforscher Hanns Hatt erklärt: „Das ist wie Schloss und Schlüssel:
Jedes Duftmolekül passt optimal nur zu einem Riechrezeptor". Wird eine Riechzelle durch einen bestimmten Duft aktiviert, sendet sie elektrische Impulse in das Riechhirn.
Von dort wird der Impuls sowohl ins limbische System weitergeleitet, einen Bereich in unserem Gehirn, der für Stimmungen und Gefühle zuständig ist, als auch in unser Erinnerungs-und Gedächtniszentrum, den Hippocampus. Dorthin gelangen die Impulse also ohne Umweg über das Großhirn, das für unsere Vernunft zuständig ist. Sie haben sozusagen den direkten, "ungefilterten" Draht zur Seele. Unsere erste Reaktion auf Gerüche läuft daher unbewusst ab, sehr schnell und vor allem emotional. Die Duftkonzentration ist dabei nicht ausschlaggebend, sie kann so gering sein, dass wir sie gar nicht bewusst wahrnehmen.
Im limbischen System sind all unsere Erfahrungen mit ihren begleitenden Düften und Gefühlen gespeichert. Sogenannte limbische Marker verbinden unsere Erlebnisse dann mit den dazugehörigen Gefühlen und Gerüchen. Nehmen wir also einen bekannten Duft wahr, wird zugleich die Erinnerung an die dazu abgespeicherten Gefühle aktiviert.
So nehmen Düfte unmittelbar Einfluss auf unsere Stimmung, erzeugen Angst, Sympathie oder Lust und beeinflussen damit auch unser Sozialverhalten oder unsere Partnerwahl.
Hanns Hatt empfiehlt, "mit offener Nase" durch die Welt zu gehen und rät zu täglichem "Geruchstraining": Zwei Mal am Tag fünf Minuten intensiv einen bestimmten Geruch riechen und versuchen, ihn mit Erinnerungen zu verknüpfen. Das kann nicht nur unser Wohlbefinden positiv beeinflussen, sondern ist zugleich ein effektives Gehirnjogging.
Da die Geruchsübungen ein Drittel unseres Gehirns ansprechen, wirken sie wesentlich effektiver als jedes Kreuzworträtsel oder Sudoku.

14. February

2018